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Das Fell ist zusammen mit der
Haut eines der größten Organe der Katze. Es schützt vor den
Einflüssen der Umgebung (Kälte, Hitze und Nässe) und vor
Verletzungen. Es ist aber auch ein wichtiges Sinnesorgan im
Kontakt mit der Umwelt und gegenüber anderen Tieren. Das
Fell hat eine nicht zu unterschätzende Aufgabe im
Sozialverhalten der Katze. Entsprechend seinen vielfältigen
Funktionen ist der Aufbau des Felles kompliziert und die
Katze widmet der Pflege dieses Organs einen nicht
unerheblichen Teil ihrer Zeit. Die gesamte Struktur des
Fells ist sicher über eine ganze Reihe von Genen veranlagt,
aber nur ein Gen mit zwei Allelen fällt mit deutlich
erkennbaren Merkmalen aus dem Pool der Polygene heraus.
Das Haarlängengen (Allele: L, l)
Es gibt sicher noch eine ganze Reihe von sog. Haargenen mit
sichtbaren Merkmalen und bekannter Genetik. Aber alle, von
den Rex-Genen bis hin zur Haarlosigkeit (Sphynx), bedingen
eine Störung des Wachstums und gehören in die Reihe der
Deformationen. Wenn man normales Haarwachstum zugrunde legt,
bleibt tatsächlich nur das Haarlängengen als züchterisch
relevante Merkmalsanlage übrig, wobei strenggenommen nur die
Ausprägung des dominanten Wildtyp-Allels L als "Normalhaar"
zu bezeichnen ist.
Normalhaar ist mit Kurzhaar gleichzusetzen und ist
die genetische Form des größten Teils der natürlichen
Katzenpopulationen. Das Allel L ist vollständig dominant
über das rezessive l und die heterozygote Form (L/l) hat
nichts mit Halblanghaar zu tun, sondern ist genau so
kurzhaarig wie die homozygote Form (L/L). Nur die homozygot
rezessive Form (l/l) führt zu Langhaar. Die Halblanghaar
sind eine Modifikation der Langhaar, wobei gleich
wieder die ungeheure Variationsbreite durch die
modifizierenden Polygene sichtbar wird. Dadurch konnte sich
auch das mutierte rezessive Allel in natürlichen
Populationen durchsetzen (z.B. Norwegischen Waldkatze, Maine
Coon). Das Normalhaar hat eine durchschnittliche Länge von
4,5 cm, während das "Langhaar" bis zu 12,5 cm erreicht. Bei
den Langhaar ist keine Grenze nach unten festzulegen, so daß
es durchaus genetische Langhaarkatzen gibt, die kürzere
Haare haben als Kurzhaar-Katzen. Auch der Unterschied
zwischen Winter- und Sommerfell führt zu so kuriosen
Erscheinungen, daß der Phänotyp dem Genotyp genau
entgegengesetzt ist. Halblanghaar im kurzen Sommerfell sind
manchmal nur an der Schwanzbehaarung als solche zu erkennen.
Für den Unterschied zwischen Kurzhaar und Langhaar ist die
Zusammensetzung des Fells ein viel deutlicheres Merkmal als
die absolute Fellänge. Aus diesem Grund, und weil das Fell
als Organ für die Katze so wichtig ist, soll der Aufbau
ausführlich beschrieben werden. Das Fell besteht
normalerweise aus drei Typen von Haaren in einer bestimmten
Anordnung, woraus sich auch die zahlenmäßigen Unterschiede
zwischen den Haartypen ergeben. Um ein Leithaar gruppiert
sich ein Kreis von drei Grannenhaaren und darum ein weiterer
Kreis von acht bis zwölf Wollhaaren. Leit- und Grannenhaare
werden als Deckhaare zusammengefaßt. Sie schützen das weiche
Unterfell aus Wollhaaren und haben daneben sensorische
Eigenschaften. Im Gesicht, und dort vor allem im Bereich der
Schnurrhaarkissen an der Oberlippe, befinden sich die
Sinnes- oder Schnurrhaare, die zu den Leithaaren zählen und
nur sensorische Aufgaben haben.
Die Haare selbst sind fadenförmige Horngebilde, die von den
Zellen der Haarpapille gebildet werden. Die Haarpapille
liegt am Grund einer Hauttasche, der Wurzelscheide. Der Teil
des Haares, der in der Wurzelscheide steckt und so in der
Haut verankert ist, heißt Haarwurzel, während der Teil, der
aus der Haut herausragt, Haarschaft genannt wird. Im Falle
der Sinneshaare ist die Wurzelscheide von Bluträumen umgeben
sowie von zahlreichen Nervenfasern umsponnen. Die
sensorischen Nervenenden registrieren durch hydraulische
Verstärkung jede Richtungsänderung des Haares. Talgdrüsen,
die ebenfalls Bestandteil der Wurzelscheide sind, geben
durch ihre Produkte dem Haar Geschmeidigkeit und seine
typischen wasserabweisenden Eigenschaften. Die Wurzelscheide
liegt stets schräg zur Hautoberfläche, so daß die Haare
ebenfalls schräg heraustreten. Da die Haare immer leicht
gebogen sind, neigen sich die Haarspitzen zur Haut. Durch
den an der Wurzelscheide ansetzenden Haarmuskel können die
Haare aufgestellt werden. Dieses Sträuben des Fells dient
einerseits als passiver Kälteschutz, kann aber auch aktiv
ausgelöst werden. Dieses "Drohimponieren" ist ein wichtiger
Teil des Sozialverhaltens, weil die Katze dadurch optisch an
Größe und Gewicht gewinnt.
Solange die Zellen der Papille Hornsubstanz bilden, wächst
das Haar. Danach löst dich das Haar von der Papille und
bleibt noch eine begrenzte Zeit als totes Kolbenhaar in der
Wurzelscheide verankert. Wenn dann die Papille erneut
produziert, schiebt das neue Haar das tote Kolbenhaar aus
der Wurzelscheide, wenn es nicht schon durch mechanische
Beanspruchung ausgefallen ist. Dieser das ganze Jahr
andauernde Fellwechsel wird von einem jahreszeitlichen
Rhythmus überlagert, der einen Hochpunkt im Spätsommer und
einen Tiefpunkt im Winter hat. Der Zyklus ist für beide
Geschlechter gleich, nur sind die Kater den Katzen häufig um
ein bis zwei Monate voraus. Die Sinneshaare erscheinen bei
der Embryonalentwicklung als erste Haare und haben eine
größere, wenn auch nicht unbegrenzte Lebensdauer. Jedenfalls
unterliegen sie nicht dem jahreszeitlichen Haarwechsel.
Das Haar besteht aus drei Schichten. In der zylinderförmigen
Markschicht sind Pigmente in unter-schiedlichen Mengen
eingelagert. Die darüberliegende Rindenschicht ist der am
stärksten pigmentierte Teil des Haares und bestimmt die in
den vorhergehenden Teilen dieser Serie so ausführlich
besprochene Haarfarbe. Durch während des Wachstums
periodisch eingelagerte Pigmentgranula kommt das Ticking (Bänderung)
zustande. Außerdem ist die Rindenschicht für die
mechanischen Eigenschaften der Haare verantwortlich. Die
dachziegelartig überlappenden toten Zellen der Kutikula oder
des Oberhäutchens umgeben das Haar wie die Schuppen eines
Tannenzapfens. Durch sie wird das Haar geschützt und durch
Verzahnen mit der Wurzelscheide fest verankert.
Die Form der einzelnen Haartypen und der Aufbau des Felles
insgesamt ergibt sich durch ein fein abgestimmtes genetisch
festgelegtes Zusammenspiel zwischen
Wachstumsgeschwindigkeit, Druck der Hautmuskeln auf die
Wurzelscheide, Funktion der Talgdrüsen, Pigmenteinlagerung
und Wachstumsdauer. Das Haarlängengen beschränkt seinen
Einfluß auf die Dauer der Wachstumsperiode. Alle anderen
Parameter hängen von den modifizierenden Polygenen ab, daher
ist die Ausprägung der Haarlänge und die Ausbildung der
verschiedenen Haartypen so ungeheuer variabel.
Die Leithaare (auch Mittelhaare) sind die zahlenmäßig
kleinste Gruppe. Sie sind lang und kräftig, leicht gebogen
und verjüngen sich zu einer fein ausgezogenen langen Spitze.
Manchmal ist die untere Hälfte des Haares leicht gewellt.
Die Grannenhaare (auch Stammhaare oder Nebenhaare) sind
i.d.R. kürzer, dünner und weniger steif. Sie haben im oberen
Drittel (subapikal) eine deutlich abgesetzte Verdickung, die
sog. Granne. Die Spitze ist kurz und stumpf, das untere
Drittel kann gewellt oder gebogen sein. Die Grannenhaare
zeigen die größte Variabilität: Sie sind manchmal so dick
wie Leithaare, manchmal aber auch so dünn wie Wollhaare und
dann nahezu ohne Granne. Sicher ist nur eines, die Leithaare
sind immer die längsten und die Wollhaare immer die
kürzesten.
Die Wollhaare (auch Daunen-, Bei- oder Flaumhaare) sind sehr
zahlreich, dünner als die Grannenhaare ohne subapikale
Verdickung und insgesamt gewellt, gelockt oder gekräuselt.
Kurzhaar
Die Kurzhaar sind die genetisch dominante Form mit den
Genotypen L/L und L/l oder kurz L/-. Hier sind die drei
Haartypen am deutlichsten ausgeprägt. Abweichungen von der
normalen Fellzusammensetzung gibt es bei den Siamesen,
Orientalisch Kurzhaar, Britisch Kurzhaar und Russisch Blau.
Bei den ersten beiden Rassen wird hin zu wenig Wollhaar
selektiert, während bei den anderen beiden Rassen darauf
Wert gelegt wird, daß Deckhaar und Unterwolle möglichst
gleich lang sind.
Halblanghaar
Halblanghaar- oder Semilanghaarkatzen sind genetisch immer
reinerbig (l/l), da das Langhaar-Allel absolut rezessiv ist.
Sie sind eigentlich Langhaarkatzen, allerdings ohne deren
polygene Modifikato-ren-Gruppe, weshalb sich die
"Langhaarigkeit" in Grenzen hält. Die Halblanghaar konnten
sich als Mutation durch Anpassung an harte
Witterungsbedingungen als Norwegische Waldkatze und Maine
Coon in der natürlichen Auslese durchsetzen. Beide zeichnen
sich durch ein kräftiges, leicht öliges Deckhaar mit einem
vor Kälte und Nässe schützenden Wollhaar aus. Alle drei
Haartypen sind in normaler Verteilung vorhanden. Das Fell
ist im Gesicht am kürzesten, wird zu den Wangen hin etwas
länger und ist an den Flanken, an den Hinterbeinen (Höschen)
und in der Halskrause am längsten. Die züchterische Auslese
hat dann einerseits zu Formen wie z.B. Türkisch Van mit
seidigem Deckhaar ohne Unterwolle und andererseits zu den
echten Langhaar geführt.
Langhaar
Langhaarkatzen haben den gleichen Genotyp wie die
Halblanghaar, aber durch Linienzucht haben sich eine Reihe
von charakteristischen Polygenen stabilisiert. Das volle,
seidige Fell der Perser, der Langhaarkatze schlechthin,
beruht nicht nur auf einer Verlängerung der drei Haartypen.
Das Unterfell ist meist genau so lang wie das noch
vorhandene, aber zahlenmäßig deutlich verdrängte Deckhaar.
Daraus ergeben sich erhebliche Konsequenzen für die
Fellpflege, die von der Katze allein nicht mehr zu
bewältigen ist. Durch den sehr langen (bis zu 12,5 cm)
weniger pigmentierten Haarschaft entsteht häufig eine
unechte optische Aufhellung der Fellfarbe. Insgesamt ist die
Abgrenzung der Zeichnung (Tabby, Bi- und Tricolor) weniger
scharf und bei den Points sind durch den Wärmestau die
Abzeichen heller als bei entsprechenden Kurzhaarkatzen. Bei
den Balinesen und Angorakatzen wurde eine andere
Selektionsrichtung bevorzugt, das Unterfell ist durch langes
Deckhaar verdrängt.
Apropos Angorakatzen, die sind schon seit Jahrhunderten
bekannt, wobei die Bezeichnung Angora nicht unbedingt auf
die Herkunft aus Ankara in der Türkei zurückzuführen ist,
sondern auf den Brauch, den Namen der langhaarigen
Angora-Ziege auf andere Haustiere zu übertragen.
Zum Schluß noch ein paar interessante Anmerkungen zur
Haarlänge. Durch gezielte Selektion kann man auch
Kurzhaarkatzen mit beachtlicher Haarlänge erzüchten, so daß
der Genotyp nicht immer von vornherein ersichtlich sein muß.
Kreuzungen von Kurzhaar mit Langhaar in Serie ergibt stabile
Rekombinanten in Halblanghaar und waren die Grundlage für
Coulorpoint und Heilige Birma. Nun noch eine Tabelle, wie
der Wechsel von L/- zu l/l bei sonst gleichem Typ und
Körperbau "neue" züchterische Wege eröffnet hat:
Abessinier - Somali
Burma - Tiffany
Exotic Shorthair - Perser
Manx - Cymric
Orientalisch Kurzhaar - Mandarin
Siamese - Balinese
mit freundlicher Genehmigung des Autors
Dipl. Biologe R.
Fahlisch
"Dreamhunter Cattery"
Das Copyright für den oben genannten Text, liegt sowohl beim
Autor des Textes Herrn R. Fahlisch, sowie bei dem Betreiber
dieser Seiten, Frau Ute Kunze. Eine Vervielfältigung oder
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