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Angeborene
Mißbildungen und erbliche Stoffwechsel Störungen bei
Rassekatzen
Viele
Züchter und insbesondere Anfänger in Sachen Katzenzucht
stehen eventuell vorkommenden angeborenen Defekten bei
ihren gezüchteten Katzenwelpen
hilflos und
manchmal regelrecht voll Panik gegenüber. War man bei einem
fremden Kater
zum Decken, entbrennt zwischen den beiden Züchterhaushalten
dann so mancher Streit, wer denn nun für die Defekte
verantwortlich ist. Denn eines wird ganz schnell klar: die
eigene Katze ist immer die „saubere", die unerwünschten
Eigenschaften kommen immer aus
der „fremden"
Linie! Äußerst schnell ist dann so mancher alte
„Züchterhase" auch bereit, die Angelegenheit zu
vertuschen, schließlich könnte so manches hochdotierte Zuchttier
in Verruf kommen. Wer als unbedarfter Neuling dennoch
etwas ausplaudert, ist schnell der
„Nestbeschmutzer" und in höchstem Grade unbeliebt.
Denn etwas lernt auch ein Neuzüchter ganz rasch:
„Mißbildungen
und dergleichen kommen nur bei der „Konkurrenz"
vor ...,
und
genau weil dies so gehandhabt wird, ist den angeborenen,
erblichen Defekten so schwer beizukommen.
Belastete
Paarungen dürfen nicht ständig wiederholt werden
Dieser
Artikel soll nicht nur der Information dienen, er soll auch
ein Plädoyer dafür sein,
innerhalb
der Züchterschaft offen und aufrichtig miteinander
umzugehen. Ein deformierter Welpe ist kein Makel und keine
Schande, schädlich jedoch ist wissentlich dazu beizutragen,
daß insbesondere letale, das heißt tödliche Erbdefekte
in der Katzenpopulation weiter verbreitet werden und man
auch bei gehäuftem Vorkommen schwerster Mißbildungen in manchen Katzenfamilien
Zuchtkatzen weiterhin
in großem Stil zur Weiterzucht verwendet. Im
vorliegenden Artikel werde ich versuchen, bei den
entsprechenden Mißbildungen nicht nur die am ehesten
betroffenen Rassen, sondern auch den Vererbungsweg
darzustellen.
Mißbildungen
der Gliedmaßen fallen sofort auf
Während
Mißbildungen, die die inneren Organe betreffen, für den
Züchter nicht so auffällig sind und erst später erkannt
werden, springen Defekte am Bewegungsopparat meist schon
kurz nach der Geburt bei genauerer Untersuchung der Welpen
ins Auge. Andere kristallisieren sich erst später heraus,
wenn die Kätzchen heranwachsen. Da wäre zuerst einmal
die Achondroplasie (Zwergwuchs),
sie kommt nur selten vor, aber die betroffenen
Kätzchen haben nur eine kurze Lebenserwartung von ein bis
vier Monaten, dieser Defekt wird autosomal rezessiv
vererbt. Dem Züchter fallen dabei extrem kurze Beinchen
und Muskelveränderungen auf. Wesentlich leichter zu
erkennen ist die Amelie, die Kätzchen werden dabei ohne
Gliedmaßen geboren.
Die Herkunft des Defekts ist noch unbekannt. Eine
Kiefermißbildung ist die Apiasie des Unterkieferostes,
der Unterkiefer ist hierbei nicht richtig ausgeprägt. Bei
der Ektodaktylie sind alle oder nur Teile bestimmter Zehen
an den Vorderbeinen nicht richtig ausgebildet. Auch dieser
Defekt ist erblich, wobei das Schadgen in heterozygoter
Form vorliegt. Bei der Känguruh-Katze haben wir es mit
verkürzten Langknochen der Vorderbeine speziell bei
weiblichen Katzen zu tun. Die Abnormität ist erblich und
wahrscheinlich geschlechtsgebunden.
Deformation
der Hüftgelenke bei Siamesen, Britisch Kurzhaar und
Rex-Katzen
Eine
mittlerweile auch bei Rassekatzen
ins Interesse
gerückte ernstzunehmende Deformation ist die Hüftgelenksdysplasie,
die bei verschiedenen Rassen gehäuft vorkommt. Der Defekt
ist erblich, und Siamkatzen und Briten sind längst nicht
mehr die in erster Linie betroffenen Rassen. Der
Knickschwanz wird rezessiv vererbt,
meist tritt er am Schwanzende auf, es können aber
auch die
anderen Schwanzbezirke
betroffen sein. Bei den orientalischen Rassen
betrifft er häufig auch direkt den Schwanzansatz, wo sich
eine Art Knubbel fühlen läßt. Apropos Knubbel - als
knorpelige Exostosen werden vom
Knochenmantel ausgehende, verknöcherte stumpfe
Hervorragungen bezeichnet,
die man eventuell fühlen kann, sonst aber röntgenologisch
abklären muß. Die genaue Herkunft ist unbekannt. Bei
Rexkatzen tritt gehäuft die sogenannte Patella-Luxation
auf, die Tiere haben Probleme beim Aufstehen und Laufen.
Der Gang wirkt gestelzt. Verstärkt tritt diese
Deformation jetzt auch bei Britisch Kurzhaar-Katzen auf.
Der Vererbungsweg ist noch unbekannt. Sehr selten liegt
einmal ein Pectus Excavatum vor, also ein stark eingedrücktes
Sternum, die Herkunft ist unbekannt, aber im
Zusammenhang mit englischen Siamlinien hört man häufiger
davon. Die Brust der betroffenen Tierchen wirkt wie ein
Schildkrötenpanzer, und sie bleiben oft im Wachstum zurück.
Falls es zu schlimm ist, kann der Tierarzt versuchen, das
Ganze mit Gips oder einem starken
Heftpflasterverband zu korrigieren. Beim Peromelus
Ascelus haben wir es mit dem gänzlichen Fehlen der
Hintergliedmaßen zu tun. Die genaue Herkunft dieser Mißbildung
ist nicht geklärt. Zum Glück kommt sie nur selten vor.
Schwanzlosigkeit
ist eine Deformation mit vielen
Begleiterscheinungen
Häufig
hingegen taucht die Polydaktylie auf, das ist eine Anzahl überzähliger Zehen hauptsächlich an den Vorderpfoten. Der
Erbgang hierbei ist dominant mit unterschiedlicher Ausprägung.
Wiederum selten ist die Radiushemimelie, deren Herkunft
nicht bekannt ist. Die Gliedmaße, die betroffen
ist, wirkt stummelförmig wie ein Dackelbein. Wenn sie
sehr stört, kann sie amputiert werden. Die
Schwanzlosigkeit bei Manxkatzen und anderen Rassen hat häufig
noch weitere, für das Tier sehr unerfreuliche
Begleiterscheinungen, so zum Beispiel Spina Bifida, ein
deformiertes Becken und deformierte Hinterbeine.
Selten
und herkunftsmäßig nicht geklärt ist die Syndaktylie,
die Verschmelzung von Zehen. Tellergesichter kommen
wiederum in erster Linie bei Perserkatzen vor. Der Kopf
ist dabei abartig verkürzt. Ebenfalls selten kann es zu
Thoraxabnormitäten kommen, wo der Brustkorb verändert
ist.
Gaumenspalten
sind öfter auftretende
Erbkrankheiten bestimmter
Stämme
Eine
sehr auffällige Mißbildung ist die angeborene
Zahnlosigkeit. Sie kommt nur selten vor, und es ist nicht
bekannt, wie sie entsteht. Ebenfalls selten liegt
eine Achalasie vor. Dabei hat man es beim betroffenen Tier
mit einer dauernden Verkrampfung der Speiseröhre zu tun.
Solche Tiere würgen sofort nach Futteraufnahme und müssen
geröntgt werden. Man kann den Defekt behandeln. Wichtig
ist aber, daß diese Mißbildung möglicherweise erblich
ist. Ebenfalls sehr wahrscheinlich erblich ist die
Gaumenspalte. Sie betrifft vorzugsweise die Siamesen und
Orientalen, ist im Grunde eine eher seltene Abnormität,
tritt aber familiär gehäuft auf. Dem Züchter fällt
dabei auf, daß der betroffene neugeborene Welpe sehr
unruhig ist, nicht saugen kann, da er eine Öffnung im
Gaumen hat und gar kein zum Saugen notwendiges Vakuum
erzeugen kann. Das Tier verliert rasend schnell an
Gewicht, und auch der unerfahrenste Züchter merkt spätestens
beim dann versuchten Zufüttern mit der Flasche, daß dem
Welpen die Milch wieder aus der Nase herausrinnt, somit
also etwas ganz Gravierendes nicht in Ordnung ist. Das
Humanste ist, diese Tierchen umgehend einschläfern zu
lassen, denn sonst müßten sie elend verhungern. Vernünftigerweise
sollte man jede Kätzin aus der Zucht nehmen, die von zwei
verschiedenen Katern Kätzchen mit Gaumenspalten geboren
hat. Bei der Hasenscharte ist es ganz ähnlich, sie tritt
oft zusammen mit der Gaumenspalte auf.
Viele
Erbfehler betreffen die Nieren
Auch
der Harnapparat kann von verschiedenen Abnormitäten betroffen sein. Häufig
ist die Niere Sitz von Defekten, was aber oft erst am toten Welpen im Rahmen
einer Autopsie bekannt wird. Wir unterscheiden Beckenniere, Hufeisenniere,
Nierenverschmelzung, Persistierender Urachus (wobei der Urin in die
Bauchhöhle läuft, bzw. nach außen an
die Körperoberfläche tritt), der sich bei den Kätzchen durch einen
aufgetriebenen Bauch und eventuellen Harnfluß aus dem Nabel bemerkbar macht.
Fehlen einer Niere, verkleinerte Niere, Verlagerung der Harnröhre (auffallend
durch Harninkontinenz und Schwierigkeiten
beim Wasserlassen) und schließlich die Zystenniere, die recht häufig
vorkommt. Solche Kätzchen fallen meist durch hartnäckiges Kümmern auf, sie
gedeihen nicht und sind anfällig für Infektionen. Diese Störungen und Veränderungen
am Harnapparat sind nicht erblicher Natur, sondern willkürliche
Fehlbildungen, die eben vorkommen können. Außer dem Harnapparat können natürlich
auch die Geschlechtsorgane von Mißbildungen betroffen sein. Dies kommt jedoch
im allgemeinen selten vor. Die wichtigsten Fehlbildungen
sind: Fehlen oder Überzahl
eines oder mehrerer Gesäugekomplexe, fehlende Verbindung zwischen Uteruskörper
und -hörnern, Hermaphroditismus (Zwitter), Hydrometra,
Kryptorchismus (Nichtabstieg eines oder beider Hoden), Unterentwicklung
eines oder beider Hoden, Monorchie (fehlender
Hoden), Fehlen des
Nabelstrongs (Baucheingeweide des Neugeborenen sind dabei teilweise in
der Fruchtblase befindlich und werden von der Katzenmutter beim Abnabeln
mitgefressen, was für den Welpen natürlich tödlich ist), Fehlgebildete oder
Unterentwickelte Eierstöcke namentlich Ovariumagenesie, Ovariumhypoplasie, überzählige
Ovarien. Daneben kann es noch zu weiteren Fehlbildungen des Uterus kommen oder
zur Fehlentwicklung der Vagina. Die überlebenden Kätzchen sind unfruchtbar.
Anders jedoch die Kater, die nur einen Hoden haben, bzw. nur einen Hoden
abgestiegen zeigen (Ektopie). Sie sind theoretisch fortpflanzungsfähig, sollten
aber von der Zucht ausgeschlossen werden,
insbesondere für die Tiere mit Kryptorchismus muß vermutet werden, daß
diese Mißbildung als einfaches rezessives Gen weitergegeben wird, also
erblich ist. Die Kastration ist dringend zu empfehlen!
Herzfehler
treten relativ häufig auf
Sehr
gravierende Symptome findet der Züchter, wenn Kätzchen von Defekten an Herz-
und Kreislaufapparat betroffen sind. Wenn eine Mißbildung an der linken
Atrioventrikularklappe vorliegt, was leider relativ häufig vorkommt, kann es
sein, daß die Neugeborenen innerhalb von 24 Stunden plötzlich „nach Luft
schnappen" und sterben. Die Herz-Kreislaufdefekte sind vielfältig und
genau nur durch einen versierten Tierarzt zu differenzieren. Leider haben sie
eines gemein, daß die betroffenen Tiere keine oder nur begrenzte
Lebenserwartung haben. Die nur selten vorkommenden Defekte, wie ein
persistierender rechter Aortenbogen sollen hier nicht weiter interessieren.
Aufmerksamkeit erfordert der bevorzugt bei Siam- und Perserkatzen auftretende
Fall der Multiplen Herzdefekte. Die Symptome treten etwa im Alter von einer
Woche auf: Abmagerung, gesteigerte Atmung, Blaufärbung der Schleimhäute. Im
Alter von zwei Wochen liegen durch Tierarztbefunde hörbare Veränderungen der
Herzfunktion vor. Die genaue Entstehungsursoche ist nicht bekannt. Neben
diesen gibt es leider noch weitere, die häufiger auftreten, so zum
Beispiel die Aortenstenose, ein offener Ductus Arteriosus (gekennzeichnet
durch vergrößertes Herz und Lungenödem) der möglicherweise ebenfalls
erblich ist. Daneben gibt es zwei Herzfehler, die sogar ziemlich häufig
vorkommen, und zwar die Endokardiale Fibroblastosis von der in erster Linie
Siamesen und Burmakatzen betroffen sind, desweiteren der sogenannte
Ventrikelseptumdefekt, der die Jungkatzen meist
schon vor dem Absetzen sterben läßt. Würde er rechtzeitig erkannt werden, wäre
theoretisch eine Heilung mittels
Operation möglich, aber meist wird der Züchter vor vollendete
Tatsachen gestellt. Die genaue Herkunft des Auftretens des
Ventrikelseptumdefekts ist leider unbekannt. Zusammengefaßt
kann man vielleicht sagen, daß Katzenwelpen mit Herzfehlem als Hauptsymptom
eine gestörte Atmung zeigen, bläulich anlaufen oder aber plötzlich
versterben. Was aber noch lange nicht heißt, daß alle „plötzlich"
eingegangenen Tiere an Herzdefekten litten. Die mehrstündige Abwesenheit
eines ganztägig berufstätigen Katzenzüchters führt generell dazu, daß ihm
eventuell einsetzende Symptome
einer Krankheit erst spät, in vielen Fällen leider zu spät,
auffallen. Umso wichtiger ist, daß jedes verstorbene Tierchen sorgfältig
obduziert wird. Katzenseuche zum Beispiel, eine hoch ansteckende
Infektionskrankheit, kann einen Katzenwelpen innerhalb von nur 12 Stunden töten,
ohne daß er auch nur die leisesten Anzeichen von Durchfall gezeigt hat, wie
man wohl erwarten würde.
Auch
Sibirische Katzen haben schon ihre Erbdefekte
Außer
dem Kreislaufsystem kann auch das Zentralnervensystem Sitz einiger
Defekte und Mißbildungen sein. Wir unterscheiden dort zum Beispiel Agenesie
des Corpus Callosum, die hauptsächlich die Sibirischen Katzen betrifft und möglicherweise
genetisch bedingt ist, aber glücklicherweise nur selten vorkommt und die
Exenzephalie (Gehirn „quillt" aus dem Schädel hervor), die besonders
bei Manxkatzen festzustellen ist. Ansonsten kennt man
noch die Gangliosidosis, die zwar ebenfalls nur selten vorkommt, aber
autosomal rezessiv vererbt wird. Die befallenen Kätzchen zeigen im Alter von
zwei Monaten Lebensschwäche, Zittern, haben Probleme, normal zu laufen und
nehmen schlecht zu.
Die Krankheit verschlimmert sich zusehends, bis die Tiere im Alter von
einem Jahr ungefähr Sehstörungen aurweisen und Krampfanrälle
bekommen. Ziemlich häufig kommt der Wasserkopf vor (innerer Hydrozephalus)
und die Kleinhirnhypoplasie, bei der, wie der Name schon sagt, das Kleinhirn
unterentwickelt ist mit allen negativen Begleiterscheinungen. Die
Kleinhirnhypoplasie wird zum einen vererbt, eine andere Form hingegen wird
durch vorgeburtliche Infektion der Welpen mit Katzenseuche hervorgerufen. Die
Kätzchen machen also im Mutterleib eine Infektion mit dem Virus der
Feilinen Panleukopenie durch, wodurch sie schwer geschädigt werden. So liegt
auch nahe, warum
man Katzen während der Trächtigkeit
nicht mit einem Katzenseuche-Lebendimpfstoff
vakzinieren soll. Nur ein Totimpfstoff ist gefahrlos, die Empfehlungen des
Herstellers sind genauestens zu beachten.
Schädelmißbildungen
bei amerikanischen Burma-Katzen
Desweiteren
gibt es verschiedene Schädelmißbildungen, von denen die wichtigste die
autosomal rezessiv vererbliche Meningoencephalocele der (amerikanischen)
Burmakatzen ist.
Hierbei
ist das Großhirn durch einen Defekt im Schädeldach nach außen gestülpt.
Vorschub für die Verbreitung des Defekts leistete die unselige Tendenz
einiger Züchter, binnen kürzester Zeit die Burmaköpfe immer kürzer zu züchten,
bis schon regelrecht die Augen hervorquollen.
Außerdem
gibt es noch angeborene Nervenleiden, zum Beispie Neuraxonale Dystrophie,
die autosomal rezessiv vererbt wird, aber selten vorkommt. Ziemlich häufig
hingegen begegnet man der Spino Bifido (Bogenspalte), bei der die Wirbelbogen
des Rückgrats nicht geschlossen sind. Sie kommt hauptsächlich bei
Manxkatzen vor. Die Anlage dazu ist erblich und bei Manxkatzen mit dem Gen für
Schwanzlosigkeit verbunden, wobei das Gen als dominant mit unvollständiger
Penetranz vorliegt. Als letztes in diesem Zusammenhang bleibt noch der
ebenfalls einfach autosomal erbliche Faktor für Tremor (Zittern) zu nennen.
Die Tiere leiden unter Schüttellähmung und wachsen nur langsam. Sie können
nur schwer Futter aufnehmen.
Natürlich
kann auch das Haarkleid und die Haut der Katzen von Erbdefekten betroffen
sein. Insbesondere die Kutane Asthenie (überelastische, dünne Haut) und Pili
Torti (totaler Haarausfall, Tod der Welpen nach spätestens drei Wochen) sind
an dieser Stelle aufzuführen, wobei hier die Kutane Asthenie autosomal
dominant vererbt wird, bei Pili Torti ist die Herkunft des Defektes nicht geklärt.
Selten tritt auch eine unvollständige Entwicklung der Oberhaut auf, deren
Entstehung ebenfalls unbekannt ist.
Augenveränderungen
bei Birma-Katzen und Abessiniern
Augen
und Ohren sind wiederum Sitz für viele mögliche Defekte: die
Augenlidagenesie (Fehlen des Oberlids) bei Perser- und Europäisch-Kurzhaar-Katzen,
sowie Dermoid der Birmakatzen, wobei die Bindehäute verändert sind, was
leider ziemlich häufig vorkommt und erblich ist. Entropium (Lideinrollung)
und Enophthalmus (tief im Kopf liegende Augen)
extremer englischer Siamkatzen, wobei ich fast sicher bin, daß diese
Deformationen erblich sind. Weiterhin Farbabnormalitäten im Augenhintergrund
bei Siamesen und Persern; das selten anzutreffende Infantile Glaukom
(krankhafte Zunahme des Augeninnendrucks); Fehlen des Irispigments
(Irisalbinismus), was
ziemlich häufig ist; schwache Entwicklung der Iris oder unterschiedlich gefärbte
rechte und linke Iris bei Siamkatzen und weißen Katzen (hier oft gekoppelt
mit Taubheit), kegelförmige Hornhautausbuchtung, Kolqbom und bei Manx
erbliche Ödeme der Hornhaut (Korneadystrophie), die bis zur Blindheit reichen
kann. Eher häufig anzutreffen sind dagegen die progressive Retinaatrophie der
Abessinier- und Perserkatzen, die zur vollständigen Blindheit führt, die
zentrale Retinadegeneration der Siamkatze, das erbliche Schielen und die
Stenosis (Verschluß) der Tränenkanäle. Die Ohren können in Form von
Vierohrigkeit (beidseitiges Vorliegen von Extraohrmuscheln) deformiert sein,
der Erbgang ist einfach autosomal rezessiv. Selten kommt es bei weißen Katzen
auch zur erblich bedingten Taubheit, wobei diese unerwünschte Eigenschaft
autosomal dominant vererbt wird, woraus sich leicht folgern läßt, daß mit
tauben Katzen auf keinen Fall gezüchtet werden sollte.
Erbliche
Stoffwechselkrankheiten bei Korat und Abessiniern
Es
kann bei Katzen auch zu angeborenen Eingeweidevorfällen (Hernien) kommen,
Leistenhernie, Nabelhernie, Zwerchfellhernie waren hier aufzuzählen, wobei
gilt, daß für die Nobelhernie (Vorfall von Darmteilen durch die Nabelpforte)
eine erbliche Disposition (Neigung) vorliegt und die Zwerchrellhernie einfach
autosomal rezessiv vererbt wird, sie kommt übrigens häufig vor, kann
aber durch Operation beseitigt werden.
Das
Stoffwechselsystem kann ebenfalls von angeborenen Defekten
„heimgesucht" werden: hier findet sich die leider relativ häufig bei
Abessiniern vorkommende Amyloidosis, die erblich ist; die Gangliosidosis der Koratkatzen,
die Lysosomale Speicherkrankheit der
Abessinierkatzen, die Mucopolysaccharidose der Siamkatze. Die drei letzteren
Defekte werden autosomal rezessiv vererbt.
Ansonsten
gehört an diese Stelle noch der Porphyrismus, der einfach autosomal mit
unterschiedlicher Ausprägung vererbt
wird und sich am ehesten mit einer bräunlichen oder rötlichen Verfärbung
der Zähne beschreiben läßt, da in Knochen und Zähnen der betroffenen Tiere
Porphyrine abgelagert werden. Diese ziemlich seltene Abnormität konnte ich
einmal an einer Rexkatze beobachten.
Auch
Katzen können Bluter sein
Außer
den angeborenen Störungen
der Stoffwechselfunktion, die dem Züchter naturgemäß nicht gleich auf den
ersten Blick auffallen, gibt es noch eine Gruppe von Abnormitäten, die
eigentlich gleich nach der Geburt der Welpen erkannt werden können. Durch
unvollständige Zwillingsbildung kann
es zu Doppelmißbildungen kommen. So sind zum Beispiel doppelgesichtige Welpen
aufgetaucht oder Neugeborene,
die ein „doppeltes" Hinterteil hatten. Total deformierte Gesichter
trifft man auch im Zusammenhang mit der bereits erwähnten (amerikanischen)
Burmakatzen-Schädelmißbildung an. Während die unvollständige
Zwillingsbildung aber eher ein unglücklicher Zufall ist, wird die
Burmesendeformation autosomal rezessiv vererbt. Desweiteren kann noch
vorkommen, daß alle inneren Organe eines Kätzchens seitenverkehrt vorliegen.
Zum Glück kommen aber alle diese zuletzt beschriebenen Abnormitäten nur
selten vor.
Dann
müssen noch zwei Defekte Erwähnung finden, die zwar auch nur selten
vorkommen, aber der Vollständigkeit halber beschrieben werden müssen, sie
betreffen das Blutbild der Katzen. So gibt es auch bei Katzen „Bluter";
also Hämophiliekranke Tiere. Diese Krankheit liegt in zwei Typen vor und zwar
Typ A oder B, je nachdem, welcher Gerinnungsfaktor im Blut fehlt. Wie beim
Menschen erkranken in der Regel nur männliche Tiere. Dieser Defekt ist
heterosomal erblich, tritt aber in erster Linie nur bei Kurzhaarkatzen auf.
Der zweite Defekt, der das Blutbild betrifft, ist die sogenannte Pelger-Huet
Kernanomalie, bei der in den befallenen Katzen der Aufbau der Gronulozyten
gestört ist, Granulozyten sind quasi eine Untergruppe der Leukozyten. Dieser
Defekt wird einfach autosomal dominant meist heterozygot, selten jedoch
homozygot vererbt.
Chromosomen-Defekte
führen zum frühen Tod
Auch
bei Katzen können Chromosomen-Defekte vorkommen. Bei einem abgestorbenen
Fetus wurde einmal Auto-somale Trisomie (das heißt dreifaches Vorkommen des
bestimmten Chromosoms im „diploiden",
also „doppelten"
Chromosomensatz, hier die Autosomen betreffend) festgestellt. Dann kennt man
noch das erbliche, autosomal rezessive Chediale-Higashi
Syndrom, bei dem die Leukozyten verändert sind, so daß die gesamte
Immunabwehr des betroffenen Tieres nicht richtig funktionieren kann. Diese
Katzen erliegen sehr früh irgendwelchen Infekten. Als letztes in dieser
Auflistung aller möglchen Defekte möchte ich noch die sogenannten
Schildpattkater, die eine absolute Rarität darstellen, erwähnen. Diese männlichen
Schildpatt-Katzen besitzen meist ein extra X-Chromosom, sind quasi XXY statt
wie normale Kater XY. Zur Häufigkeit läßt sich sagen, daß auf
3000 geborene Schildpattkatzen eine männliche kommt. Diese sind überwiegend
unfruchtbar. In den. letzten Jahren wurden aber in Rassekatzenkreisen
zumindest zwei bekannt, ein Perser und ein Siamese, die Nachwuchs gezeugt
haben.
Ein
Weg, verborgene, vererbbare Defekte bei Edelkatzen aufzudecken, ist die
„Linienzucht" oder „Inzucht". Tiere, die einer Gruppe angehören,
die mit einem speziellen Problem genetischer Natur „behaftet" ist,
werden diesen Defekt in ihrer Nachkommenschaft umso wahrscheinlicher
„zeigen", je enger sie mit Verwandten gepaart werden. Trägertiere können
also durch „Inzucht" entlarvt (schreckliches Wort) werden, um sie dann
aus der Zucht zu nehmen.
Outcross
verschleiert nur die
Probleme
Umgekehrt
ist aber der „Outcross", also das strikte Vermeiden von Inzucht, kein
dauerhafter Weg, bekannten, in einer Linie existierenden Erbfehlern aus dem
Weg zu gehen. Es gibt genug gesunde Katzenfamilien, zur Not müssen eben beim
Typ Abstriche gemacht werden, wenn die „fitten Linien" zwar genetisch
in Ordnung, aber auf Ausstellungen nicht die absoluten Renner sind. Erwiesene Trägertiere müssen, egal wie typvoll, aus der
Zucht genommen werden, nur so ist dauerhafter Erfolg beschieden. Glücklich
ist derjenige langjährige Züchter zu nennen, der es geschafft hat, sich mit
harter Arbeit, durch konsequente Linienzucht, einen Stamm von Zuchttieren zusammenzustellen,
von dem er eben durch erfolgte „Inzucht" weiß, daß er im
genetischen Sinne in Ordnung ist. Dies ist ein wesentlich
mühevollerer Weg, aber im Erfolg dauerhafter.Ein großangelegtes
Linienzuchtprogramm zur
Aufdeckung von Erbfehlern oder Schaffung einer regelrechten
Katzendynastie ist natürlich nur den größeren Zuchten vorbehalten, die über
entsprechendes „Zuchtmaterial" (schreckliches Wort im Zusammenhang mit
lebenden Tieren) verfügen. Wie kann aber auch der Züchter, der nur eine oder
zwei Zuchtkatzen und erst recht keinen eigenen Deckkater hat auf
erbgesunde Nachzucht hinarbeiten? In diesem Fall empfiehlt es sich,
Stammbaumstudium zu treiben und sich umzuhören. Am besten, man
schließt sich
einem langjährigen Züchter an, der Linienzucht betreibt und
profitiert von dessen Wissen und Erfahrung.
Modekater
können Defekte eher weitertragen
Nun
noch ein abschließendes Wort zum Thema „Modekater". - Modekater sind
in der Regel hochprämierte Zuchttiere, die gegen entsprechendes Kleingeld
„jedermanns" Kätzin zur Verfügung stehen, der es sich leisten kann.
Im Idealfall hat der hochprämierte Kater mit entsprechend typvollen
Muttertieren tatsächlich vielversprechenden Nachwuchs
gebracht. Im Idealfall -wie ich sagte ... Grund genug für viele, mit höchst
mittelmäßigen Kätzinnen „hinzustürzen" und genauso phantastische
Jungtiere zu erwarten. Diese Hoffnung wird dann meist enttäuscht, denn im
Gegensatz zur landläufigen Meinung trägt eben nicht der Kater das meiste zur
Vererbung bei, sondern eben nur die Hälfte, die andere Hälfte muß
die Katzin beisteuern, und zu allem Überfluß müssen
die Tiere dann noch genetisch zusammenpassen, sonst kann es zwar „Überraschungen",
aber gewiß keine „Überflieger" geben. Um nun wieder den gedanklichen
Bezug zu den hier behandelten Gendefekten herzustellen - was passiert, wenn
ausgerechnet der „Modekater", der bald in allen Stammbäumen
anzutreffen ist, Mißbildungen oder die Anlage dazu weitergibt? Die
Auswirkungen für die betroffene Rassepopulation liegen klar auf der Hand -
es kann zur Katastrophe für die Rasse kommen! Der Kater kann in seinem Leben
um ein vielfaches mehr Nachkommen zeugen und seine Anlagen vererben, als jede
Kätzin. Rein theoretisch hat er also auf die Gesamtpopulation mehr Einfluß
als eine Kätzin und zwar nicht weil er „mehr" Anlagen an seine Kinder
gibt, sondern er gibt seine Gene in der Regel öfter weiter als eine Kätzin
es in ihrem Leben je tun wird. Die Entscheidung liegt beim einzelnen Züchter,
bei allem was er tut, hat er die Verantwortung
für seine Geschöpfe zu tragen. Wer wissentlich mit Trägertieren
letaler Mißbildungen züchtet, dies
vielleicht durch Fremdkreuzen zu vertuschen sucht, tut keinem einen Gefallen -
am allerwengisten sich selbst ...
Begriffserklärungen |
Autosomal
rezessiv: das betreffende Gen ist an
Autosomen gebunden und wird rezessiv vererbt.
Autosomen sind quasi die gewöhnlichen Chromosomen.
Autosomal
dominant: das Gen
vererbt sich dominant.
Unvollständig
dominant: die homozygot dominanten
Tiere sind stark betroffen, die Heterozygoten sind weniger und die
homozygoten rezessiven Tiere sind gar nicht betroffen, das
heißt sie weisen die Mißbildung nicht auf.
Geschlechtsgebunden:
das Schadgen ist an ein Geschlechtschromosom gebunden.
Unvollständige
Penetranz: ein bestimmter Anteil der
Tiere mit diesem Gendefekt zeigt ihn aufgrund
umweltbedingter Einflüsse nicht.
Variable
Expressivität: dieselbe
Abnormität erscheint bei den verschiedenen Individuen in unterschiedlicher
Weise.
Erbliche
Prädisposition:
Katzen, die für eine bestimmte Mißbildung prädisponiert sind (quasi
dazu neigen), haben genetisch wenig Widerstandskraft gegen diese Abnormität.
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mit
freundlicher Genehmigung von
Gesine Wolf (Autorin)
Anderwelt Cattery
Literaturverzeichnis:
Katzenkrankheifen, Klinik und Therapie, Hrsg. Wilfried Kraft. Alfeld 199]/3.
Auflage. S. 545 ff. |
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