Im nachfolgenden Artikel
soll die Historie der Türkisch Angora aus Züchtersicht etwas genauer
beleuchtet werden.
Bereits
im 16. Jahrhundert wurden halblanghaarige Katzen als Zeitvertreib für den europäischen
Adel von Handelsschiffen aus dem Orient nach Europa gebracht. Hier in Europa war
die adelige, halblanghaarige Ausführung im Gegensatz zu Ihren kurzhaarigen,
einheimischen felinen Verwandten hoch geschätzt und von erheblichen Wert. In
Adelshäusern wurden sie verwöhnt und für Ihre Beschaffung wurde ein nicht
unerheblicher Preis bezahlt.
Soviel zur
Vorgeschichte. Ende des 19. Jahrhunderts waren viel mehr der halblanghaarigen
Schönheiten auch in mittleren Gesellschaftsschichten zu finden. Andere
Halblanghaarkatzen überwiegend aus den asisch-/russischen und amerikanischen
Gebieten gesellten sich dazu und wurden miteinander verpaart. So wurde der
Perser geschaffen, die zu dieser Zeit natürlich noch ganz anders als heute
aussahen und damals auch noch Angora genannt wurden. Mit Aufkommen des Persers
geriet die Türkisch Angora immer mehr ins Hintertreffen.
Stammbäume in denen mehrere Rassenmischungen zu finden waren, überwogen
zu diesem Zeitpunkt. Die Türkisch Angora wurde solange in Perserzuchtprogrammen
eingesetzt, bis der Persertyp dominierte. 1899 wurde letztmalig über eine reine
Türkisch Angora berichtet, danach geriet diese Rasse in Vergessenheit und war
in Europa und den USA nicht mehr reinrassig erwerbbar.
In den 60er
Jahren ging der Bestand reinrassiger Türkisch Angoras selbst in ihrem
Heimatland der Türkei auf ein bedrohliches Maß zurück. Einige wenige
Exemplare wurden dort in den Zoos von Ankara und Istanbul gehalten um den
Fortbestand dieser Rasse zu gewährleisten. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ein
Volksglaube besagt, dass der 1938 verstorbene Staatpräsident Kemal Atatürk
eines Tages als weiße Katze mit einem gelben und einem blauen Auge
wiedergeboren werden soll.
Eine Katze aus
diesen Zoos zu bekommen, war zum damaligen Zeitpunkt mit sehr großen
Schwierigkeiten verbunden, schließlich sollte der o.g. türkische Feldherr
seine Wiedergeburt in seinem eigenen Land erleben und nicht irgendwo in Übersee
zur Welt kommen.
Trotzdem
gelang 1954 der Amerikanerin Lyn Pierce (Kenlyn Cattery) eine Katze mit dem
Namen Pucette Michelle (weibl. odd-eyed white) aus dem Istanbuler Tiergarten
nach Amerika zu importieren. Mit dieser Katze wurde allerdings nicht gezüchtet,
da es hieß, dass sie wirklich reinrassigen Tiere nur in der Gegend von Ankara
zu finden sind und von dort wurden dann in den 60er Jahren die ersten Türkisch
Angora nach USA und Kanada importiert. Viel später wurden dann auch Zookatzen
aus dem Istanbuldaner Zoo akzeptiert, da dieser Zuchtstock ebenfalls aus
Ankarazookatzen bestand.
1962 wurde von
Mr. H. Kenan Taspinar (Taspinar Cattery) weißes odd-eyed Mädchen von einem
privaten Türkisch Angora Züchter aus Ankara importiert. Diese türkischen Züchter
waren mit in das Ankara Zoo Programm eingebunden, so dass auch diese Tiere
wieder in Relation zueinander standen. 1968 importierte Mr. Taspinar fünf
weitere Türkisch Angora Katzen, darunter auch Duman ein black-silver-tabby
Kater. 1970 überließ er allerdings seinen gesamten Zuchtstock Mrs. Gisela
Stoschek (Tai-Phoon Cattery). Mrs.
Stoschek verpaarte ein einige dieser Tiere mit anderen Rassen, wie z.B. Siamesen
und Persern. Allerdings wurden die Registrierung dieser Hybridnachkommen vom CFA
verweigert und wurden somit allesamt aus der Zucht genommen.
1963 wurde von
Colonel und Mrs. Walter Grant ein Pärchen
weißer Türkisch Angora registriert. Diese beiden gingen namendlich in die
Geschichte der Türkisch Angora ein. Ihre Namen waren Yildiz und Yildizcek, sie
wurden ein Jahr zuvor im Ankara Zoo geboren.
Die ersten Nachkommen dieser beiden Katzen verkauften die Grants
ausschließlich kastriert, weil sie sicherstellen wollten, dass ihre gezüchteten
Katzen nur mit Ankarazookatzen, bzw deren reinen Nachkommen verpaart werden. Um
einen Zuchtstamm aufzubauen importierten die Grants 1966 ein weiteres Paar
Katzen aus dem Ankara Zoo. Auf den Nachkommen dieser Katzen bauten einige
Catterys Jahre später Ihren Grundstock auf.
Fast
zeitgleich, nämlich im Jahre 1964 importierten
Sgt. und Mrs. Leinbach ein Pärchen weißer Angoras aus dem Ankara Zoo.
Ihre Namen waren Sam Olgum und Aliya’s Snowball. Die Leinbachs arbeiteten eng
mit Mrs. Lee Thornton (Thornton Cattery in CFA, Thornton Desert Cattery in den
anderen Katzenvereinen) zusammen, die ihnen half diese Tiere zu registrieren.
1965 bekam Mrs. Thornton noch ein weiteres weißes odd-eyed Türkisch Angora Mädchen
mit dem Namen Belkzar, welches wenig später mit einem Kater mit dem Namen Sam
of Mountain Home verpaart wurde (Besitzer Mrs. Brown).
Die Nachkommen dieser Verpaarung bildeten zusammen mit einigen Grant und
den Leinbach Katzen den Grundstock des Thornton Catterys.
Auch in
Deutschland und den Niederlanden wurden in den frühen 70er Jahren Katzen aus
den Zoo´s importiert. Eine nicht unerhebliche Rolle dabei spielte der Zoologe
Dr. Reimann (Tha Makhuas Cattery) und Frau Nadja Mardak (Cattery Ueskuedarsaray)
in Deutschland.
Ein weiterer
bekannter Name in diesem Zusammenhang sind
Thomas und Virginia Torio (Torio Cattery), die ihre erstte Zuchtkatze mit 6
Wochen aus dem Ankara Zoo bekamen. Diese Katze war ein blauäugig weißes Mädchen
mit dem Namen „Gelin of Torio“.
1973 erkannte
der CFA zum ersten Male die Türkisch Angora an. Allerdings nur die weißen
Tiere. Dies warf neue Probleme in der Türkisch Angora Zucht auf. Zum einen war
auch damals schon bekannt, dass ständige Weißzucht, also nur weiße Katzen
verpaart mit weißen Katern ein gewisses Potential für taube Kitten
beherrbergte, zum anderen mussten die farbigen Kitten aus diesen Würfe als
Mischlingkatzen verkauft werden. Was allerdings noch viel schlimmer war: Der
Genpool wurde erheblich beschnitten. Es gab sowieso nur sehr wenige Türkisch
Angora, diese außerdem noch überwiegend aus dem Ankrara Zoo, dessen Genpool
mit damals 30 Tieren auch nur sehr begrenzt war. Dadurch, dass die farbigen
Tiere nicht anerkannt und somit zur Zucht eingesetzt werden konnten,
verkleinerte sich der Genpool noch mehr. Stammbäume mit 4-6 facher Inzucht
waren keine Seltenheit. 1973 bat die Züchter Aletha Hendrickson (Kukkula Acres
Cattery) mit genau dieser Begründung um Anerkennung der farbigen Türkisch
Angoras, erst 1978 entsprach dem der CFA.
Auch in
Deutschland war man um die Anerkennung dieser Rasse bemüht. Eine
Anerkennungsversuch in den 80er Jahren, schlug wegen Agressivität der
Ausstellungstiere fehl. Vielleicht zum Glück für diese Rasse, denn nun wurde
ein Hauptaugenmerk auf die Festigung des eigentlich sehr lieben Charakters der Türkisch
Angora gelegt. 1988 endlich gelang
die Anerkennung der weißen Türkisch Angora, 1994 folgten dann hier in
Deutschland auch die farbigen Tiere.
Mittlerweile
sind mehr als 20 Jahre gezielte Zucht in den USA, wie auch weitere Zucht in den
Tiergärten von Ankara und Instanbul vergangen. Während in den USA nach
Standard gezüchtet wurde, erfolgte die Zucht in den Tiergärten unter anderen
Gesichtspunkten.
Auf Grund der
unterschiedlichen Zuchtambitionen und –ziele entfernten sich die Nachkommen
der ursprünglichen Zuchttiere von einander. Die Nachkommen der Ursprungstiere
in den USA wurden über die Jahrzehnte graziler und eleganter mit ausgeprägter
Ohrengröße und –stand, die Nachkommen der Türkeitürken, wurden schwerer
und gröber im Körperbau mit sehr gemäßigtem Ohrenstand.
Dieses
ist auch noch der heutige Zuchtstand. Die Unterschiedlichkeit im Aussehen der in
Zuchten anzutreffenden Tiere differiert mehr denn jeh. Es wäre schön, wenn Züchter
und auch Richter sich auf einen „Mittelweg“ einigen könnten. Wichtig in
erster Linie ist meiner Meinung nach die Harmonie, die eine Türkisch Angora
ausstrahlen muß. Eleganz und Anmut darf keinesfalls verloren gehen. Gewünscht
sind weder orientalisches- noch Main Coon Aussehen. Ein Beispiel für eine
wundervoll harmonische Türkisch Angora ist No Ruz Kristal of Azima. Ein blauäugiges
Türkisch Angora Mädchen welches 1975 als die 2. Generation nach den Türkeiimpoten
in den USA geboren wurde. Mal ehrlich, sollten wir uns sie nicht alle zum
Vorbild machen?
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